Zur Bayern-Kampagne gegen Ballack gab es auch einen wunderbaren Kommentar, in dem auch die Rolle der Bild beleuchtet wird. Das wird dem Bild Hopper natürlich nicht gefallen. Übrigens kann ich die Seite
http://www.indirekter-freistoss.de nur all jenen wärmstens ans Herz legen, die anders als der Bild Hopper an kritischem Sportjournalismus interessiert sind.
Hier nochmal der Artikel:
Ein ganz guter Kopfballspieler
Von Oliver Fritsch
Die deutschen Zeitungen, selbst die verläßlichsten und besten, gehen mit Bayern München zu zart um. Dabei haben die Verantwortlichen des Klubs im letzten halben Jahr erneut viel Grund zu Kritik und Empörung geboten. Hat sich irgendjemand über das das eifersüchtige Nachtreten gegen den „untreuen“ Michael Ballack aufgeregt? „Introvertiert und misstrauisch“ sei er, „kein Stratege“ und – welch vergiftetes Lob! – ein ganz guter Kopfballspieler. Außerdem habe er nur seinen Kontoauszug im Sinn, haben ihm Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß noch während der Saison nachgerufen.
So lange Ballack für Bayern spielte, hat er die vielen Attacken seiner Vorgesetzten gegen ihn zwar zunehmend genervt, aber loyal ertragen und kommentiert. Nach der Bekanntgabe des Wechsels zu Chelsea wird der Ärger Ballacks und seines Beraters Michael Becker vernehmbarer. Doch es bleibt ihnen fast selbst überlassen, den schlechten Stil der Bayern anzuprangern und sich zu wehren. Die FAZ, die nach der Saison der Sache auf den Grund geht, hält sich ihrem Naturell gemäß mit einem Urteil zurück, spricht aber immerhin mit den Image-geschädigten und notiert ihren Groll: „Es war einer der schwierigsten Transfers, und seine Begleitumstände lassen Becker noch immer nicht ruhen. Vor allem auf Rummenigge sind Becker und Ballack nicht gut zu sprechen. Für die Pfiffe zum Abschied in München macht Ballack Rummenigge verantwortlich. Daß Ballack die Bayern verlassen hat, dafür habe nicht zuletzt Rummenigges Verhalten den Ausschlag gegeben.“
Größerer Stellenwert als bei Bayern
Gemeint ist der populistische Rückzug des Vertragsangebots an Ballack durch Rummenigge auf der Jahreshauptversammlung im November 2005 – für den er sich im Applaus der Bayern-Gemeinde sonnen durfte. „Das ist Ballack näher gegangen, als es nach außen wirkte“, sagt Becker. „Er hat einen weichen Kern. Er reagiert sehr sensibel auf Unehrlichkeit und Ungerechtigkeit.“ Diesen Vorwurf sollte man noch mal buchstabieren: Rummenigge habe aus Eitelkeit durch seine Polemik den wertvollsten Spieler vertrieben und seinem Verein einen Millionenschaden verursacht.
In einem sehr aufschlußreichen Interview mit dem Spiegel legt Ballack den Schleier seiner Diplomatie ab: „In der Nationalmannschaft habe ich einen größeren Stellenwert als in Bayern, vielleicht aber auch mehr Vertrauen.“ Den Vorwurf, den ihm in und zwischen den Zeilen auch viele Medien unterbreitet haben, er habe seinen Arbeitgeber über seine Zukunft zu lange im Unklaren gelassen, kontert er: „Intern habe ich allen, die es wissen mußten, um planen zu können, stets gesagt, wie der Stand war. Trotzdem wurde ich öffentlich immer wieder angegriffen.“
Mit Franz Beckenbauer und T-Online im Bett
Eine besonders schlechte Rolle, „eine fragwürdige nämlich“ (Becker), spielt wieder einmal die Bild-Zeitung, von der er in letzter Zeit wieder so viel zu lesen bekommt wie in schlimmsten Leverkusener „Schnösel“-Zeiten. „Ballack ist geldgeil“ lautet die durchschnittliche Schlagzeile, die Bild von Hoeneß´ und Rummenigges Lippen abgelesen hat. bildblog.de, der Anti-Bild-Aufklärer, recherchiert, dass die Bild-Zeitung einen EU-Politiker mit einem Zitat gegen Ballack in Stellung gebracht hat, das er auf eine andere Sache bezogen hat. Ballack sei, sagt Becker, von „Bild ständig persönlich in unsachlicher Weise angegriffen worden.“ Bayern und Bild, beide mit T-Online und Franz Beckenbauer im Bett – sie können nun mal gut miteinander.
Rückblick: Was ist denn aus Ballack in vier Jahren München aus ihm geworden? Als er 2002 in München anheuerte, spie Hoeneß die gewohnt großen Brocken: Bayern München werde ihn zum Führungsspieler von internationalem Format veredeln. Wohlgemerkt, man sprach über den Spieler, der gerade die deutsche Nationalmannschaft und Bayer Leverkusen, zwei Underdogs, in die Finals der Weltmeisterschaft und der Champions League geschossen hat.
Der Text erscheint in der Juli-Ausgabe der 11 Freunde