Schweigende Profis
(PR-inside.com 16.01.2007 09:19:02)
Frankfurt/Main (ddp-hes). Vielleicht fehlt dem Prozess eine schillernde Figur wie Robert Hoyzer. Zumindest hat das am Donnerstag (9.15 Uhr) vor dem Frankfurter Landgericht beginnende zweite Strafverfahren um Wettmanipulationen bislang für deutlich weniger Aufsehen gesorgt, als der Fall um den Skandal-Schiedsrichter aus Berlin. Dabei soll bei dem im Frühjahr 2006 aufgedeckten Wettskandal wesentlich mehr Geld im Spiel gewesen sein, zudem sitzen am Donnerstag unter anderem vier Fußballprofis auf der Anklagebank.
Die insgesamt acht Angeklagten sollen von Sommer 2005 bis März 2006 zehn Spiele der zweiten Bundesliga, der Regionalliga Nord und Süd, sowie der österreichischen ersten Liga zu manipulieren versucht haben. Der als Drahtzieher geltende Hauptangeklagte ist ein Asiate, dessen Identität noch immer nicht genau feststeht. Annähernd 100 Millionen Euro soll der mutmaßlich 45-Jährige in den zwei Jahren vor seiner Festnahme in Deutschland im März 2006 bei asiatischen Wettanbietern umgesetzt haben.
Die von der Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelten zehn Fälle lesen sich allerdings eher wie eine Pannenserie. In den meisten Fällen schlugen die mit Spielern verabredeten Manipulationsversuche fehl. Lediglich in einem der bekannt gewordenen Fälle strichen die Wettbetrüger Geld ein: Als sich am 26. Februar 2006 ein Spieler der Sportfreunde Siegen (damals zweite Bundesliga) bereit erklärt, dafür zu sorgen, dass in der Partie gegen Hansa Rostock weniger als drei Tore fallen und Hansa Rostock mindestens eins schießt. Zwei der Angeklagten setzten darauf 30 000 Euro und gewannen die Wette, da die Partie 2:0 für Hansa Rostock endete.
In den anderen Fällen schlugen die Manipulationen fehl - zwei Partien fielen den widrigen Witterungsbedingungen zum Opfer, bei den anderen Begegnungen konnten oder wollten die angeheuerten Spieler nicht für den vorher festgelegten Ausgang sorgen. Das Bedenkliche daran: Die Betrüger werden kaum über einen Zeitraum von zwei Jahren ein reines Zuschussgeschäft betrieben und sich nur mit einer gewonnenen Wette über Wasser gehalten haben. Insofern steht zu befürchten, dass es weitere Spielmanipulationen gab, die nicht aufgedeckt wurden.
Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu räumte zudem bei der Anklageerhebung im vergangenen Oktober ein, dass ohne die seinerzeit erfolgten Verhaftungen von vier Verdächtigen «noch viel mehr Betrügereien» hätten ermittelt werden können. Die Ermittler sahen sich aber zum frühen Eingreifen gezwungen, um nicht «sehenden Auges» noch mehr Spielmanipulationen zu ermöglichen.
Was weiterhin beunruhigt: Neben den vier angeklagten Fußballspielern, die zum Zeitpunkt der Manipulationen beim SV Elversberg, der Spielvereinigung Bayreuth (damals beide Regionalliga Süd) und Rot-Weiß-Erfurt (Regionalliga Nord) tätig waren, sind noch mindestens vier weitere Spieler von den Angeklagten angesprochen worden. Tatsächlich zeigte aber nur einer den illegalen Anwerbeversuch an: Der senegalesische Abwehrspieler Ousseynou Dione meldete seinem Club 1. FC Eschborn (damals Regionalliga Süd), ihm seien 5000 Euro geboten worden, wenn er im Ligaspiel gegen den 1. FC Augsburg schlecht spiele. Dadurch kamen die Ermittlungen ins Rollen.
Das Schweigen der anderen angesprochenen Spieler könnte auf einen Mangel an Zivilcourage oder ein fehlendes Unrechtsbewusstsein unter den Profis deuten. Der DFB hält sich in der Sache sehr bedeckt. «Der Kontrollausschuss hat ermittelt. Sämtliche Spieler bestreiten die Vorwürfe. Mehr sagen wir dazu nicht und warten den Prozess ab», sagte ein DFB-Sprecher. Auch die unmittelbar Beteiligten zeigten sich nicht allzu gesprächig, sieben der acht Angeklagten schwiegen bislang zu den Vorwürfen.
Auf die Richter kommt in den kommenden Monaten also eine Menge Arbeit zu. Bis in den April hinein hat die 17. Strafkammer den Prozess um die Wettmanipulationen zunächst terminiert. Über eines müssen sich die Frankfurter Richter allerdings keine Gedanken mehr machen: Dass Spielmanipulationen als Betrug zu werten sind, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil zum Hoyzer-Fall festgelegt.
(ddp) © ddp
P.S.: Wäre dafür, den Thread nach "Sonstiger Fußball" zu verschieben. Er hat nämlich - in diesem Fall mal glücklicherweise - nichts mehr mit der "1. Mannschaft" zu tun.
Also gut, einigen wir uns auf unentschieden.