"Benfica nimmt tränenreichen Abschied von Europas größter Fußballarena"
Von Hubert Kahl, dpa =
Dem großen alten Eusebio standen die Tränen in den Augen. «O Rei» (der König), wie die Portugiesen ihren besten Fußballer nennen, erlebte das letzte Spiel in der Arena seines Clubs Benfica Lissabon. In der Nacht zum Sonntag gingen im «Estádio da Luz», dem «Stadion des Lichts», für immer die Lichter aus. Die größte Fußballarena Europas wird in den kommenden Tagen abgerissen. Gleich nebenan entsteht ein neues Stadion, in dem das Finale der Europameisterschaft 2004 stattfinden wird.
Mit einem Fest bis in die Morgenstunden nahmen 50 000 Benfica-Fans
Abschied von der «Kathedrale aus Beton». «Ein Tempel wird
eingerissen, aber der Glaube bleibt», hatten sie auf ein riesiges
Spruchband geschrieben. Benfica gewann sein letztes Spiel in der
Arena gegen CD Santa Clara mit 1:0. Kapitän Simão Sabrosa ging in die
Annalen als der Schütze des letzten Tores im alten Stadion ein.
Trotz des Sieges herrschte beim Abschiedsfest traurige Stimmung.
Viele Fans verbinden wehmütige Erinnerungen mit dem Stadion, das vor
49 Jahren im Stadtteil Luz errichtet wurde. Hier spielte in den 60er
Jahren die berühmte Benfica-Elf um Eusebio, die zwei Mal den
Europapokal gewann und fünf Mal das Finale erreichte. Unvergessen ist
der 5:1-Sieg 1965 über das legendäre Real-Madrid-Team um Alfredo di
Stéfano und Ferenc Puskas.
1985 wurde mit der Fertigstellung des oberen dritten Tribünenrings
das Fassungsvermögen auf 120 000 Zuschauer erweitert. Einen Rekord-
Besuch gab es 1991 beim Finale der U-20-Weltmeisterschaft. 127 000
Zuschauer bejubelten Portugals Gewinn der Junioren-WM im Endspiel
gegen Brasilien. Das Finale markierte die Geburtsstunde von Portugals
«goldener Generation» um Luis Figo und Rui Costa. Ein Jahr später
erlebte das Stadion ein Fiasko. Nicht einmal 16 000 Zuschauer wollten
in dem weiten Rund das Europacup-Finale der Pokalsieger zwischen
Werder Bremen und AS Monaco miterleben. Werder gewann durch Tore von
Klaus Allofs und Wynton Rufer mit 2:0.
Wegen des Abrisses müssen die Plastik des Benfica-Adlers und die
Statue Eusebios «umziehen», die seit Jahren den Haupteingang der
Arena zierten. Eine neue Bleibe erhalten auch acht Benfica-
Angestellte, die ihre Wohnungen im Stadion unter dem Aufgang Nummer 3
hatten. «Ich bin froh, dass ich jetzt ein besseres Quartier bekomme»,
freut sich die Waschfrau Maria, die sich seit Jahren um die Trikots
der Fußballer kümmert. Die Zeitung «Diário de Noticias» kann die
Freude nachempfinden: «Wer möchte schon an jedem zweiten Sonntag
40 000 Leute zu Besuch bekommen?»