Mathe mit Niebaum

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Altstadt Tempo
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Mathe mit Niebaum

Beitrag von Altstadt Tempo »

Hallo Jungs,
ich habe in der Blutgrätsche einen Beitrag gefunden der mir erschreckend wahrheitsnah vorkommt. Entscheidet selbst:


17.03.2005 MATHE FÜR ANFÄNGER mit Gerd Niebaum

Tach, ich bin’s, Majoney. Heute bin ich mal nicht zu Späßen aufgelegt, sondern betrete dünnes Eis, daher ein Hinweis in eigener Sache vorneweg: Alle Informationen habe ich im Internet auf frei zugänglichen Seiten gründlich recherchiert, bei sich widersprechenden Quellen habe ich die vermeintlich glaubwürdigere gewählt oder mich ganz demokratisch an die Mehrheit gehalten. Natürlich habe ich keine Verträge selbst eingesehen und kann daher auch nicht die Richtigkeit der Zahlen garantieren, doch in fast allen Punkten stimmen meine Zahlen exakt mit den in der Presse genannten überein. Einer offenen Diskussion der Zahlen im Forum bin ich dennoch aufgeschlossen.
--- nu aber los ---
Niebaums Molsiris-Deal und die Folgen – ein Überblick
Mit Wirkung zum 31.12.2002 verkaufte die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA für 75,4 Mio € 94 % des Westfalenstadions an einen Molsiris-Immobilienfonds.
Von diesen 75,4 Mio konnte der BVB jedoch nur 26,8 Mio in seinen löchrigen Etat stecken, die restlichen 48,6 Mio musste der Verein zwingend in einem extrem risikoarmen Sparfonds anlegen, der innerhalb von 15 Jahren wieder auf 75,4 Mio anwachsen sollte.
Damit wollte Molsiris sichergehen, dass Ende 2017, wenn der BVB laut Vertrag das Stadion zum ursprünglichen Preis wieder zurückkaufen müsste, auch wirklich 75,4 Mio € vorhanden wären.
Halten wir also als Zwischenergebnis fest:
(1) Durch den Stadionverkauf erhielt der BVB auf die Schnelle 26,8 Mio € zu eigener Verfügung.
Der Rest musste als Sicherheit zurückgehalten werden. Dafür war immerhin der Stadionrückkauf bereits gesichert und würde daher 2017 kein zusätzliches Geld verschlingen.
Bis hierhin alles richtig gemacht, die Herren Niebaum und Meier! Doch nun wird’s kriminell. Das Dumme an dieser Geschichte war nämlich, dass sich die schlauen Manager von Molsiris nicht damit begnügen wollten, nach 15 Jahren den Kaufpreis vom BVB zurückzubekommen. Nein, in der Zwischenzeit sollte die Borussia auch jährliche Leasingraten bezahlen. (Daher auch der Name des Modells: "Sale and lease back".)
Diese Raten, so verkündete Borussia Dortmund damals seinen Aktionären, sollten durchschnittlich 12,6 Mio pro Jahr betragen. Doch schon im ersten Geschäftsbericht wurde deutlich, dass sie sich in Wirklichkeit auf 16,8 Mio € pro Jahr belaufen würden. Ein Rechenfehler?
Kommen wir also zum Zwischenergebnis Nummer zwei:
(2) Der BVB verpflichtete sich, innerhalb von 15 Jahren 252 Mio € an Leasinggebühren zahlen.
Für ein Stadion, das er noch vor Kurzem selbst besessen hatte.
Stellen wir noch einmal die beiden Zwischenergebnisse gegenüber:
(1) Durch den Stadionverkauf erhielt der BVB 26,8 Mio € zu eigener Verfügung.
(2) Der BVB verpflichtete sich, innerhalb von 15 Jahren 252 Mio € an Leasinggebühren zahlen.
Aus (1) und (2) ergibt sich:
(3) Der Stadiondeal (Modell Niebaum/Meier) würde den BVB in der Summe 225,2 Millionen Euro kosten (Zinsgewinne bzw. Zinsverluste wurden der Einfachheit halber außen vor gelassen). Die 26,8 Millionen Ertrag wären bereits nach weniger 2 Jahren durch Leasingzahlungen wieder aufgebraucht, die restlichen 13 Jahre müsste der BVB für diese zwei Jährchen Aufschub die Zeche zahlen.
Der Deal ist also vollkommen unlogisch. Selbst bei den fiesesten Kredithaien Moskaus oder Palermos hätte man mühelos bessere Konditionen aushandeln können. Warum haben sich Niebaum/Meier dennoch darauf eingelassen? Nun, entweder
(4) hatten Niebaum und Meier schon 2002 den Verstand verloren
oder
(5) wollten Sie um jeden, aber wirklich jeden Preis die Finanzkrise noch ein paar Jährchen unter der Decke halten, um so ihren Arbeitsplatz zu sichern.
Ich persönlich tippe auf (5), immerhin erhielten die beiden hohen Herren, wie erst jetzt herauskam, jährlich zusammen etwa 1,8 Millionen € für ihre großen Verdienste um die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. (Zu ihrer Ehrenrettung sei angemerkt, dass sie im Geschäftsjahr 2003/04 angesichts der überraschenden Finanzkrise selbstverständlich mit einer Gehaltsreduzierung auf 1,5 Mio einverstanden waren.)
Da Dr. jur. Niebaum (Fachgebiet: ja klar - Wirtschaftsrecht!) als Haus- und Hofjurist des BVB zusätzlich noch den einen oder anderen Nebenerwerb für seine Kanzlei verbuchen konnte, war eine möglichst lange möglichst enge Bindung an die AG natürlich von Vorteil. Das Eingeständnis persönlichen Versagens, das die Offenlegung der finanziellen Situation automatisch beinhaltet hätte, kam daher wohl nicht in Frage.
Daher lautet mein persönliches Fazit aus Niebaum/Meiers Stadiondeal:
(6) So viel Verachtung, wie Gerd Niebaum und Michael Meier entgegenschlagen müsste, ist wohl im ganzen Ruhrpott nicht aufzutreiben.
Die Schuld, die beide Herren auf sich geladen haben, werden sie finanziell nie begleichen können. Ich rede hier überhaupt nicht von der allgemein größenwahnsinnigen Harakiri-Geschäftspolitik der letzten Jahre, sondern einzig von der schamlosen Aktion, dem Verein für läppische 26,8 Millionen schnelle Euro Verpflichtungen in zehnfacher Höhe ans Bein zu binden, um länger persönliche Vorteile genießen zu können. An dem Tag, als Niebaum und Meier den Stadiondeal unterzeichnet haben, haben sie bewusst die letzte Chance über Bord geworfen, die Clubfinanzen zu retten; haben sie sehenden Auges eines der Flaggschiffe des deutschen Fußballs in den Untergang gesteuert.
Wieso Untergang? Es gibt doch immer noch das Sanierungskonzept?
Ja, das SANIERUNGSKONZEPT...
Folgendes hat sich durch die Einigung der Borussia mit Molsiris und den teilweisen Rückkauf geändert:
1. Die Leasingraten der Jahre 2005 und 2006 werden dem Verein (verzinst) gestundet.
2. Außerdem darf die AG das Bardepot, das inzwischen auf 51,8 Mio angewachsen ist, auflösen. Molsiris verzichtet hiermit also bewusst auf die ursprünglichen Sicherheitsgarantien.
- 9 Mio darf der BVB direkt in seinen Etat pumpen, um die gröbsten Finanzlöcher zu stopfen und die drohende sofortige Insolvenz abzuwenden. Damit ist die Zahlungsfähigkeit vorerst (genauer: bis zum Saisonende) gesichert.
- Für die restlichen 42,8 Mio kann der Verein 42,8 % des Stadions zurückkaufen. Damit gehören der Molsiris künftig nur noch 51,2 % des Stadions, was die jährliche Last reduziert. Statt 13 * 16,8 Mio € werden von 2007 bis 2017 „nur" noch 11 * 11,7 Mio € verlangt –die Raten für 2005 und 2006 und deren Zinsen sind hier bereits eingerechnet.
Andererseits kann der Verein nun am Ende die verbleibenden 51,2 % des Stadions nicht mehr ohne weiteres zurückkaufen, weil das Sicherungsdepot aufgelöst wurde. Hierfür muss der BVB im Jahr 2017 noch einmal vertraglich vereinbarte 44 Mio € aufbringen. Oder aufbringen lassen, von einem neuen Stadionkäufer und anschließenden Stadionvermieter.
Damit sieht die Gesamtbilanz NACH der Zustimmung der Molsiris wie folgt aus:
Einnahmen:
26,8 Mio (alt) + 9 Mio (neu) = 35,8 Mio € Ertrag für den BVB.
Ausgaben:
33,6 Mio (die offenbar vollständig gezahlten Raten für 2003 und 2004) + 11*11,7 Mio + 44 Mio (vereinbarter Wert der 51,4 % des Stadions im Jahr 2017) = 206,3 Mio € Gesamtverpflichtungen für den BVB.
Verlust durch den Stadiondeal NACH Sanierungskonzept:
206,3 Mio – 35,8 Mio = 170,5 Mio € (wieder ohne Berücksichtigung der Zinsen)
Das Sanierungskonzept sorgt also dafür, dass Niebaums Stadionverkauf für die Borussen nicht mehr eine Mehrbelastung von 225,2 Mio, sondern nur noch von 170,5 Mio € bedeuten wird. Eine Ersparnis von knapp 55 Mio € ist wohl das Beste, was Rauball & Co. mit den vorhandenen Mitteln herausholen konnte, aber eine Sanierung sieht angesichts von zwischen 2007 und 2017 alleine für das Stadion zu zahlenden 172,7 Mio € anders aus.
Ich schätze, das war’s so ziemlich für den BVB. In der Fußball-Oper dürfte wohl bald für ziemlich lange Zeit der letzte Vorhang fallen.
Und das alles sage ich ohne jede Häme.
Danke übrigens neben etlichen Nachrichtendiensten auch an www.die-kirsche.com für eine sehr aufschlussreiche, wenn auch sehr erschreckende Grafik. Tut mir leid, Ihr hättet mit Sicherheit ein besseres Präsidium verdient gehabt, findet
Euer Majoney
Wolle Stark aber isse net.
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